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Mennoniten machen etwas richtig

Mennoniten sind meist eher zurückhaltende Menschen. Selten fallen sie auf und wollen sich in den Mittelpunkt spielen.

Ursprünglich war die Bezeichnung „Mennoniten“ bei den entsprechenden Christen nicht wirklich beliebt. Schließlich wollte man nicht nach einem Menschen benannt werden und auch nicht Nachfolger irgendeines, wenn auch vorbildlichen Predigers sein. Von den Menschen aus ihrer Umwelt wurden sie vor fast 500 Jahren „Täufer“ oder „Mennoniten“ genannt und irgendwie hat sich dieser Name dann etabliert.

Ich möchte hier nur fünf Punkte nennen, die für mennonitische Christen von Anfang an eine ganz besondere Bedeutung hatten:

  • Mit den Reformatoren hoben die frühen Täufer die außerordentliche Bedeutung der Bibel hervor. Selbst da wo Luther und Zwingli, aufgrund von kirchlicher Tradition und politischer Rücksichtnahme, Zugeständnisse machten, beharrten die Täufer auf einer strikten Orientierung an der Bibel. Das galt beispielsweise für die Frage der Taufe oder die Praxis des Abendmahls. Ihrer Meinung nach sollte jeder Christ in der Bibel lesen können, um den Willen Gottes für das eigene Leben zu erkennen. Ganz selbstverständlich sprachen sich Mennoniten immer wieder in der Geschichte gegen jede Form der Bibelkritik aus, die oft dazu führte, das Wort Gottes nach den jeweiligen Moden der Zeit umzuinterpretieren. Die Bibel sollte von allen Christen gelernt und verinnerlicht werden (Mt 5, 17-20; 2Tim 3, 16).
  • Ein besonderes Anliegen war schon den frühen Täufern das Leben nach den ethischen Forderungen der Bibel, insbesondere der Bergpredigt Jesu. Da, wo die Reformatoren für eine Volkskirche warben, in der ein Großteil der Menschen zwar Kirchenglieder waren, nicht aber bereit die Forderungen Gottes im eigenen Leben umzusetzen, plädierten Mennoniten für eine Gemeinde der Freiwilligen. Dazu sollten nur die gehören, die ernsthaft Christ sein wollten. Mitläufer und Namenschristen hatten ihrer Auffassung nach keinen Platz in der Gemeinde Jesu. Auch unter ihren eigenen Gemeindegliedern achtete sie auf Sünde. Sie ermahnten die Gläubigen und schlossen sie von der Gemeinschaft aus, wenn sie nicht bereit waren ihr Leben nach den Maßstäben Jesu zu verändern. (Mt 7, 17-23; Hebr 12, 14)
  • Einiges kritisierten den Reformatoren an der katholischen Kirche ihrer Zeit: das Ablasswesen, die Verehrung der Heiligen, die Stellung des Papstes, die rettende Bedeutung der Werke, das Zölibat usw. Anderes behielten sie bei, beispielsweise das Konzept der Volkskirche, Teile der Sakramentslehre, die Säuglingstaufe und die besondere Stellung der Geistlichen. Auch bei den Evangelischen wurde die Gemeinde theologisch vom Pfarrer geleitet. Über Jahrhunderte hinweg war es verpönt, manchmal sogar untersagt, religiöse Veranstaltungen außerhalb der Kirche und ohne Pfarrer durchzuführen. Auch viele Freikirchen haben dieses Konzept abgeschwächt übernommen. Studierte Theologen wurden zu den geistlich Verantwortlichen und eigentlichen Leitern der Gemeinden. Das hatte positive und negative Auswirklungen. Allein die Täufer machten schon vor 500 Jahren ernst mit dem ursprünglichen Anliegen der Reformation, des „allgemeinen Priestertums aller Gläubigen“ (Apg 2, 41-47; 1Petr 2, 4-10). Sie beriefen ganz normale Gemeindeglieder in die Verantwortung und übertrugen die Leitung geistlich qualifizierten Ältesten. Jeder sollte Verantwortung mittragen, soweit ihn Gott befähigte. Es sollte sich aber keine Elite professioneller Christen herausbilden, wie es die Mennoniten am Beispiel der katholischen Kirche erlebt hatten.
  • In manchen Fällen haben Christen die Gesellschaft durch ihr Engagement positiv geprägt. Beispielsweise haben sie wesentlich zur Abschaffung der Sklaverei und zur Einführung gegenwärtiger Sozialgesetzgebung beigetragen. Viel häufiger aber haben sich Christen in hoher politischer Verantwortung zum Missbrauch ihrer Macht verführen lassen oder zur Unterstützung politischer Tendenzen, die sich im Nachhinein als absolut falsch herausgestellt hatten. So haben auch Christen und christliche Kirchenleitungen den Nationalismus, den Nationalsozialismus, den Antisemitismus und den Sozialismus des 20.Jahrhunderts aktiv unterstützt. Nach dem Vorbild Jesu haben Mennoniten von Anfang an auf eine strikte Trennung zwischen Kirche und Staat geachtet. „Mein Reich ist nicht von dieser Welt,“ kommentierte Jesus diesbezüglich (Joh 18, 36, vgl. Mt 22, 21). Mennoniten haben versucht, sich aus der aktuellen Politik herauszuhalten und stärker auf ihre diakonischen und evangelistischen Aufgaben zu achten. Dabei erwiesen sie sich zumeist durchaus als ehrliche und loyale Bürger ihres Staates. Weil sie sich nicht so stark ideologisieren ließen, waren sie nach dem Zweiten Weltkrieg eine der ersten, die Hilfsgüter zu den jahrelang verteufelten „deutschen Feinden“ schickten. Andere Kirchen haben sich häufig deutlich schneller von den aktuellen politischen Trends beeinflussen und vereinnahmen lassen.
  • In der Bibel wird viel Gewalt beschrieben, teilweise auch im direkten Auftrag Gottes. Selbst Glaubenshelden wie Mose oder David haben Menschenblut vergossen. Die Reformatoren beriefen sich auf die staatliche Macht und plädierten für „gerechte Kriege“, zur Verteidigung der Gläubigen oder zur Durchsetzung der Gerechtigkeit. Gerade in einer von Gewalt geprägten Zeit erinnerten Mennoniten an die Gewaltlosigkeit Jesu und wollten sich an diesem Vorbild orientieren. Jesus rief nie dazu auf, für einen guten Zweck Menschen zu töten oder zu verletzen. Ganz im Gegensatz dazu forderte er, die Feinde zu lieben und ihnen zu vergeben (Lk 6, 27-29). Petrus, der ihn mit dem Schwert verteidigen wollte, verbot Jesus weiterzukämpfen (Joh 18, 11). Für seine Feinde, die ihn unrechtmäßig ans Kreuz schlugen bat er Gott um Vergebung (Lk 23, 34). Während Jesu irdischem Leben setzte er sich immer für den Frieden ein und forderte seine Nachfolger auf, das gleiche zu tun (Rom 12, 18; Hebr 12, 14). In vielen Fällen ist es deutlich schwerer, Unrecht auszuhalten ohne zur Waffe zu greifen. Auch bewahrt dieses Prinzip häufig vor leichtfertiger und ungerechtfertigter Gewaltanwendung.

Die Grundprinzipien mennonitischer Lebensweise sind auch heute noch attraktiv und lebenswert. Natürlich haben sich nicht immer alle Mennoniten konsequent an die Lehren ihrer Glaubensväter gehalten. Leider gab es durchaus auch Zeiten des Traditionalismus, der Öffnung für den Zeitgeist und der Gesetzlichkeit. Für den, der sie mit Überzeugung und Leben füllt sind die bibelorientierten Leitlinien der Mennoniten bis heute hilfreich und glaubensstärkend.

(von Michael Kotsch)

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