Kategorien
Podcast

Ukraine: Menschen helfen

Es ist wirklich erfreulich zu sehen, wie unbürokratisch und großzügig Menschen in Deutschland derzeit Ukrainern helfen, die vor dem Krieg aus ihrem Heimatland geflohen sind. Ohne lange Prüfungen können Ukrainer derzeit nach Deutschland einreisen und werden häufig sogar privat von Menschen aufgenommen. Ganz vorbildlich engagieren sich zahlreiche Christen und auch ganze Gemeinden, indem sie diesen Flüchtlingen ihre Häuser öffnen und dadurch praktische Nächstenliebe demonstrieren. Innerhalb kürzester Zeit haben auf diese Weise tausende Ukrainer Aufnahme gefunden.

Manche mäkeln nun, man würde den Ukrainern mehr helfen als den Flüchtlingen aus Syrien oder Afghanistan. Zum einen ist es wirklich seltsam, dass manche Leute immer irgendwo Anzeichen von Rassismus finden wollen, statt einfach zu helfen, wo Hilfe nötig ist. Zum anderen entspricht der in diesem Zusammenhang geäußerte Eindruck nur teilweise der Realität.

Manche Dauerkritiker vergessen, dass gerade viele Flüchtlinge des Syrienkrieges anfangs in Deutschland sehr herzlich und mit offenen Armen empfangen wurden. Auf manchen Bahnhöfen gab es regelrechte Willkommenspartys. Erst als die Zahl der Flüchtlinge immer weiter anstieg, bekamen es manche mit der Angst zu tun. Sicher spielt dabei auch eine Rolle, dass es sich vor allem um junge, teilweise auch aggressionsbereite Männer handelte, die damals kamen, im Gegensatz zu den jetzt einreisenden Frauen und Kindern aus der Ukraine. Bestimmt ist es für manche Menschen auch wichtig, dass man sich aufgrund einer ähnlichen kulturellen Prägung und der regionalen Nähe zu Deutschland eher mit den ukrainischen statt mit den syrischen und irakischen Flüchtlingen identifiziert. Sicher ist auch der Unterschied zwischen Islam und Christentum bei solchen Begegnungen nicht vollkommen unwichtig, zumal islamische Terroristen damals europäische Staaten mit Anschlägen massiv bedrohten. Wie auch immer, jedenfalls wirkt es reichlich ideologisch, wenn manche Menschen jetzt die Hilfe für Ukrainer mit seltsamen Rassismus- Vorwürfen kritisieren, statt den leidenden Menschen einfach praktisch zu helfen.

Es gibt auch eine skurrile, ideologisch gefärbte Gruppe, die Täter zu Opfern und Opfer zu Tätern erklärt. Weil der russische Präsident Putin für sie der edle Verteidiger des Christentums gegen den dekadenten Westen ist, müssten sich die ukrainischen Flüchtlinge ihr Leid folglich selbst zuschreiben, sind diese Leute überzeugt. Die Ukrainer hätten sich der russischen Form von Freiheit und den vorgeblich christlichen Werten entgegengestellt, deshalb müssten sie jetzt mit den Folgen leben. Da allen westlichen Medien dogmatisch Lüge unterstellt wird, kann man den russischen Angriff auf die Ukraine natürlich auch nicht als „Krieg“ bezeichnen. Außerdem musste sich Putin, dieser Konzeption entsprechend, nur gegen die NATO und gegen ominöse, ukrainische Nazis verteidigen. Zerstörte Städte und tausende Tote sind für diese Menschen durchaus angemessene Begleiterscheinungen eines solchen, vorgeblichen Kampfs der Kulturen. Diese stark ideologisch geprägte Perspektive hält leider auch nicht so viel von echter Flüchtlingshilfe.

Für Christen aber sollte die tätige Nächstenliebe selbstverständlich sein; noch stärker natürlich bei gläubigen Ukrainern, mit denen sie sich als geistliche Geschwister ganz besonders verbunden fühlen. Vielleicht ergeben sich durch die verschiedenen Hilfsaktionen sogar langfristige, intensivere und dauerhaftere Beziehungen zwischen deutschen und ukrainischen Gemeinden.

Ukrainische Flüchtlinge brauchen nicht nur Unterkunft und Verpflegung, vor allem brauchen sie auch Gemeinschaft und Verständnis, sinnvolle Beschäftigungen und eine weiterreichende Perspektive. Natürlich können nicht alle ihre Wohnung zur Verfügung stellen. Jeder aber kann beten, Zeit zum Zuhören und Anteilnehmen investieren oder Aktivitäten für die verunsicherten, ukrainischen Frauen und Kinder organisieren. Selbstverständlich geht es auch darum, von Jesus zu erzählen, der als Gott auf diese Erde kam, um für die geistlichen Schulden der Menschen zu bezahlen, ihnen zu ermöglichen, in eine reparierte Beziehung zu Gott einzutreten. Bei mangelnden Sprachkenntnissen helfen russische und ukrainische Literatur, der Hinweis auf entsprechende christliche Internetseiten oder einfach der Google- Übersetzer.

Praktische Unterstützung für Ukrainer ist ein deutliches Zeichen für glaubwürdige Nächstenliebe. So etwas hat Gott in der Vergangenheit immer gesegnet. Oft war ein solches Engagement auch ein Türöffner für kirchendistanzierte Menschen. Wer praktisch und geistlich hilft, der wird dabei zumeist auch von Gott beschenkt. Man erlebt, wie man ganz konkret von Gott zum Segen für andere Menschen gebraucht wird. So ging es beispielsweisen den frühen Christen, die sich in Nordafrika aufopferungsbereit um Pestkranke gekümmert hatten. Ähnliches erlebten auch die ersten deutschen Baptisten, die nach dem großen Stadtbrand von Hamburg nicht lange gezögert oder diskutiert hatten, sondern ganz schnell praktisch und geistlich halfen. Dadurch öffneten sich damals ziemlich viele Menschen, die das mitbekamen für ein Leben mit Jesus Christus.

Wahrscheinlich wird man sich jetzt auf längerfristige Hilfe einzustellen haben. Es ist durchaus nicht unwahrscheinlich, dass viele Ukrainer gerne in Deutschland bleiben wollen, unabhängig davon wie sich die Situation in ihrer Heimat entwickelt. Junge, gut ausgebildete Menschen hatten sich auch schon vor Jahren gewünscht, in Deutschland zu leben und zu arbeiten. Jetzt nutzen sie gerne die derzeit bestehende Möglichkeit, regulär in die EU einreisen zu können.  Hier haben sie mehr Perspektiven als in der Heimat. Man sollte sich diesbezüglich keine Illusionen machen. Nicht alle Ukrainer fliehen vor dem Krieg. Viele hoffen auch auf bessere wirtschaftliche und politische Verhältnisse hierzulande. Das ist natürlich durchaus auch nachvollziehbar. Nebenher freut sich die deutsche Wirtschaft auf dringend benötigte Facharbeiter und Handwerker.

Sollten die Städte der Ukraine aber noch weiter zerstört werden oder sollte Russland dort tatsächlich ein totalitäres Regime einsetzen, dann sinkt damit natürlich der Wunsch zurückzukehren erheblich. Zahlreiche Ukrainer aber suchen derzeit tatsächlich nur vorläufigen Schutz in Westeuropa und wollen wieder zurück in ihr eigenes Land, sobald das relativ gefahrlos möglich sein wird. Doch selbst im optimalsten Fall ist nur schwer absehbar, wie lange Russlands kriegerische Angriffe auf die Ukraine und der damit anhaltende Flüchtlingsstrom noch andauern werden.

Selbst wenn die jetzt geflüchteten Frauen und Kinder schlussendlich doch wieder in die Ukraine zurückkehren sollten, werden sie tatkräftige Hilfe benötigen, um ihr angegriffenes und vielfach durch den Krieg belastetes Land wieder aufzubauen und eine Perspektive für die weitere Zukunft zu gewinnen. Die momentan zu spürende Hilfsbereitschaft wird also einen wirklich langen Atem brauchen.

In den nächsten Jahren benötigt die Ukraine neue Hoffnung und Sicherheiten, die über materielle Zuschüsse hinzugehen. Christen können auch hier in einem verunsicherten Land echte Hilfe und geistliche Orientierung bieten. Auch Ukrainer brauchen Vergebung ihrer Schuld, eine Beziehung zu Gott und biblische Maßstäbe für die Bewältigung ihres Alltags. Materielle Unterstützung können und wollen viele geben. Echte Ruhe für die Seele, eine geistliche Erneuerung und die Kenntnis von Gott aber können nur Christen vermitteln. Das darf bei allen anderen Hilfsaktionen nicht vergessen werden. Menschen aus der Ukraine brauchen eine ganzheitliche Hilfe, die nicht bei medizinischen, militärischen oder finanziellen Aspekten stehenbleibt, sondern die Seele und den Frieden mit Gott beinhaltet. Eine ganz besondere Berufung haben in dieser Situation natürlich all diejenigen Christen, die Russisch oder Ukrainisch sprechen können.

(von Michael Kotsch)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert