RTL will die Leidensgeschichte Jesu für und in der modernen Welt erzählen; in einer Live- Inszenierung mit bekannten Schauspielern und Musikern. Auf dem Burgplatz in Essen traten Alexander Klaws als Jesus und Thomas Gottschalk als Erzähler auf, untermalt von deutschen Popsongs, sowie Reiner Calmund und Nelson Müller auf der Besetzungsliste.
Mögliche Einwände ahnend kommentierte Thomas Gottschalk vorsorglich: „Braucht das noch jemand? Noch dazu bei RTL? – Auch ich hab mich das gefragt und Sie werden sehen: Es geht. Es geht sogar sehr gut, wenn man sich nur auf die Geschichte einlässt.“
Manche wird es vielleicht wundern, dass sich der Star- Moderator Thomas Gottschalk ziemlich deutlich dafür ausspricht, zu Ostern ganz bewusst an die entsprechenden biblischen Ereignisse zu erinnern. „Jedes Kind kennt den Osterhasen, aber fragen Sie ihren Nachwuchs mal, was in der Karwoche passiert ist. – Trotzdem und vielleicht gerade deswegen erzählen wir Ihnen heute in neuer Form die alte Geschichte.“ Gottschalk ist aber auch davon überzeugt, dass die biblischen Ereignisse rund um den Justizmord an Jesus, selbst glaubensfernen Leuten noch immer einiges zu sagen hat. „Es geht um Freundschaft, um Liebe, Verrat und Leid, aber auch um Hoffnung, Zuversicht und Vergebung. Themen, die heute wahrscheinlich aktueller sind, als jemals zuvor. – Wir wollen eine Geschichte erzählen, die für alle gilt, die bis heute nichts von ihrer Dringlichkeit verloren hat“, so Gottschalk.
Es wundert allerdings kaum, dass gerade bei diesem Oster- Projekt von RTL viele Journalisten das Spotten nicht lassen können, vor allem allerdings nicht aus fachlichen Gründen, sondern weil sie selbst dem christlichen Glauben feindlich gegenüberstehen. Die einen meinen, dass es sich beim Leben Jesu sowieso nur um ein heute weitgehend irrelevantes Märchen handele. Die anderen stoßen sich an der medialen Umsetzung und an den freien Interpretationen der biblischen Geschichte.
Wer sich aber allen Ernstes zu Ostern darüber aufregt, dass man vom Leiden, Sterben und Auferstehen Jesu spricht, der ist wohl schon total in seinem atheistischen Ideologie- Konstrukt abgetaucht. Denn immerhin ist ja genau das der eigentliche Hintergrund dieses Festes. Aus weltanschaulichen Gründen wollen manche atheistische Aktivisten aber schon seit vielen Jahren möglichst alles auch nur entfernt Christliche aus dem öffentlichen Leben verbannen. Weihnachtsmärkte sollen nichts mehr mit Weihnachten zu tun haben. Stattdessen darf man zu diesem Zeitpunkt nur noch an Hexen, Feen und Schnee denken. Himmelfahrt wird dann mal eben zum Besäufnis- Tag für Männer- Cliquen uminterpretiert. Und so geht es weiter mit allen Resten christlicher Vorstellung und Werte, die aus Zeitgeistgründen unterdrückt oder an den Rand gedrängt werden.
Die ganze Passions- Inszenierung hat man sich bei RTL dann so gedacht: Thomas Gottschalk steht auf der Bühne des Essener Burgplatzes und erzählt die Eckpunkte der Passionsgeschichte. Hinter ihm eine weißgekleidete Live-Band mit Chor. Irgendwo in Essen trifft sich Jesus (Alexander Klaws) mit seinen Jüngern, darunter Mark Keller als Judas und Laith Al-Deen als Petrus, um zum Pessach-Fest nach Jerusalem (also nach Essen) zu reisen.
Während sich die Jünger mit öffentlichen Verkehrsmitteln durch die Stadt bewegen, betrachtet Jesu Mutter Maria (Ella Endlich) die Ankunft ihres Sohnes von der Bühne aus. Während die biblische Geschichte stark modernisiert erzählt wird, trägt ein Prozessionszug mit der Moderatorin Annett Möller ein über 200 Kilo schweres Leuchtkreuz auf einem drei Kilometer langen Weg durch Essen zur Burgplatz- Bühne.
Ob die gewählten Pop- Songs dieser RTL- Show wirklich zur Leidensgeschichte Jesu passen, drüber kann berechtigt gestritten werden. Zur Ankunft in Essen gibt es Andreas Bouranis „Auf uns“, Maria singt für ihren Sohn Jesus Christus Sarah Connors „Wie schön du bist“ und beim letzten Abendmahl stimmen die Jünger ein „Hinterm Horizont geht’s weiter“ an. Offensichtlich werden diese Pop- Songs hier ziemlich frei uminterpretiert. Denn mit dem Leben Jesu haben die ursprünglich natürlich nichts zu tun. Etwas problematisch ist es auch, dass man versucht, irgendwo noch möglichst viele Prominente auftreten zu lassen, die eigentlich nicht zur Oster- Geschichte passen und, dass man einzelne Szenen des Lebens Jesu reichlich künstlich in den modernen Alltag zerren will, sodass sie ihre Bedeutung fast ganz verlieren. So beispielsweise, wenn Reiner Calmund am Frittenstand von Nelson Müller seine Currywurst isst, während Jesus dort das Brot fürs letzte Abendmahl holt.
Trotz allem können sich Christen über Projekte wie „Die Passion“ von RTL eigentlich nur freuen. Dadurch werden viele Menschen zumindest ein kleines bisschen aufmerksam gemacht auf den historischen Hintergrund von Ostern, wenn auch nur sehr oberflächlich; aber immerhin.
Es geht um Jesus, der als absolut Schuldloser in einem fingierten Prozess zum Tode verurteilt und dann auch tatsächlich brutal hingerichtet wurde. Natürlich geht es dann aber auch noch deutlich weiter, weil Jesus nämlich drei Tage später wieder auferstanden ist. Er hatte den Tod besiegt und ermöglicht damit künftig jedem Menschen, der sich darauf einlässt, den Eingang ins ewige Leben bei Gott.
Was in solchen medial inszenierten Passions- Darstellungen natürlich regelmäßig zu kurz kommt, das ist der geistliche Hintergrund des Todes Jesu. Immerhin ging es hier nicht nur einfach um amtliche Korruption oder um einen Justizmord. Jesus hatte sich freiwillig bereiterklärt, anstelle der Menschen zu sterben. Mit seinem Tod wollte er deren Schuld bezahlen, damit diese frei ausgehen können beim zukünftigen göttlichen Gericht. Der stellvertretende Tod Jesu am Kreuz ist der eigentliche Inhalt der Passion und des Todes Jesu. Hier gibt es also durchaus noch einiges zu ergänzen in den alltäglichen Gesprächen von Christen mit Menschen, die sich diese Oster- Show von RTL angesehen oder davon gehört haben.
Es ist schön, dass sich zumindest einige große Medien auch noch etwas intensiver um den Hintergrund und die Bedeutung von Ostern kümmern; auch wenn die äußere Form wahrscheinlich nicht jedem gefällt.
(von Michael Kotsch)