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„Hass- Rede“ – Gesetze. Instrument der Zensur?

Immer häufiger werden schwammig formulierte Paragrafen gegen „Hass- Rede“ benutzt, um missliebige Meinungsäußerungen zu bekämpfen und die eigene Weltsicht vor kritischen Rückfragen zu schützen. Weil sie nur unscharf definiert sind, können Gesetze gegen Hass- Rede schnell zum Werkzeug einer Meinungs- Zensur verkommen. Man fühlt sich in seiner Überzeugung oder Identität angegriffen und fordert deshalb, Kritiker mit staatlichen Mitteln zum Schweigen zu bringen. Für die sich selbst als progressive und gerechte Menschen inszenierenden Gesinnungswächter genügt es manchmal schon, eine von ihnen tabuisierte Formulierung zu benutzen und schon rufen sie nach rechtlichen Sanktionen.

Insbesondere Gruppen, die vor 30 Jahren noch am Rande der Gesellschaft standen, sie heute aber dominieren, benutzen regelmäßig den Vorwurf der Hass- Rede gegen Andersdenkende. Auf der einen Seite bezeichnen sie sich gerne als „bunt“ und loben den Wert der Vielfalt. Bei genauerer Betrachtung meinen sie damit aber lediglich das von ihnen vertretene Meinungsspektrum. Allein ihre Weltdeutung wird als „gerecht“, „demokratisch“ und „zeitgemäß“ interpretiert. Wer davon abweicht, der hat nicht einfach eine andere Meinung, sondern wird als Feind der Gesellschaft und Feind der Freiheit diffamiert.

Längst sind viele, die sich noch immer als Progressive inszenieren, die gegen eine vorgeblich konservative Gesellschaft kämpfen müssen, zur meinungsprägenden Mehrheit geworden. Paragrafen gegen Hass- Rede werden deshalb auch fast nie auf mediale Trendsetter, auf Atheisten oder Gender- Werber angewandt. Wenn sich die überall in der Öffentlichkeit diffamierten evangelikalen Christen auf Meinungsfreiheit oder das Verbot der Hass- Rede berufen wollen, dann wird ihnen vorgehalten, dass sie Kritik, selbst Blasphemie, in einer demokratischen Gesellschaft eben aushalten müssten. Wenn sie in aktuellen Fragen aber auch nur ihre eigene, christlich gefärbte Meinung sagen, müssen sie damit rechnen diffamiert oder sogar verklagt zu werden.

Überwiegend postmoderne und linksorientierte Vereine haben sich längst schon als Berater von Politikern und Medien etabliert, die in einem quasi rechtsfreien Raum definieren wollen, was als Hass- Rede gilt und deshalb gesetzlich verfolgt werden muss. Trotz vehement geforderter Meinungsvielfalt, versucht man Andersdenkende zu unterducken und mundtot zu machen.

Ein gutes Beispiel für die Einschränkung von Meinungs- und Glaubensfreiheit durch Hass- Rede- Paragrafen ist die ehemalige finnische Innenministerin Päivi Räsänen. Als überzeugte evangelische Christin hatte sie sich 2019 in einem Tweet und 2004 in einer Kirchen- Broschüre für die Ehe zwischen einem Mann und einer Frau ausgesprochen. Unter anderem berief sie sich dabei auf eine Aussage des Apostel Paulus, der ausgelebte Homosexualität als Verirrung des Menschen beschreibt (Röm 1, 24-27).

Personen aus der LGBTQ- Szene fühlten sich dadurch angegriffen. Deshalb sah sich die Politikerin plötzlich mit einem Prozess wegen vorgeblicher Hass- Rede konfrontiert. Monatelang wurde in großen Medien Rufmord gegen sie betrieben, obwohl noch gar kein Urteil gesprochen worden war. Allein das Bekenntnis zu einer christlichen Familienvorstellung wurde als Anlass einer großangelegten Diffamierungs- Kampagne benutzt, der den Ruf der Politikerin nachhaltig beschädigte. Kritik an einem Geschlechterkonzept von LGBTQ sollte mithilfe des Hass- Rede- Paragrafen unterbunden werden.

Neben der Ärztin und Politikerin wurde auch der evangelische Bischof Juhana Pohjola wegen Unterstützung von Hass- Reden angeklagt, weil er 2004 die entsprechende Broschüre zur christlichen Partnerschaftsvorstellung veröffentlicht hatte. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft sind Päivis Überzeugungen, die in der Bibel und der christlichen Tradition verwurzelt sind, hasserfüllt und kriminell. Die Botschaft hinter dem Prozess lautet: Wer eine andere Weltanschauung hat als die staatlicher Stellen, der sollte sie nicht öffentlich teilen.

Während in der Öffentlichkeit über die vorgeblich menschenverachtenden Aussagen Räsänens diskutiert wurde, musste sich die Politikerin aufgrund ihrer christlichen Überzeugung wie eine Verbrecherin endlosen Verhören unterziehen. Vier Jahre zogen sich die belastende Prozesse hin, eher Räsänen im November 2023 einstimmig in allen Punkten freigesprochen wurde.

Persönliche Beleidigungen, die Verbreitung rufschädigender Gerüchte und Volksverhetzung sind schon lange strafbar, wenn sie in einer größeren Öffentlichkeit verbreitet werden. In den vergangenen Jahren ist der Ton öffentlicher Diskussionen rauer geworden. Um von den großen Medien in der Vielzahl täglicher Meinungsäußerungen überhaupt noch wahrgenommen zu werden greifen auch viele Politiker oder andere Personen des öffentlichen Lebens immer häufiger zu provokativen und angriffigen Formulierungen. Weil sich im Internet zwischenzeitlich jeder an ein großes Publikum wenden kann, kommen auch immer mehr Radikale und Spinner zu Wort. Im Schutz relativer Anonymität fällt es vielen sehr leicht, betrügerische Gerüchte und unsachliche Anklagen zu verbreiten. Diese Tendenz zu Rücksichtslosigkeit und Radikalismus spiegelt sich auch in zahlreichen Internet- Kommentaren wieder.

Angesichts dieser Welle von Hass- und Wut- Botschaften erscheint es sinnvoll Grenzen zu ziehen und sinnlose Provokationen schnell auszuschließen. Damit solche Vorschriften aber nicht gerade von denen benutzt werden, die sich besonders gerne radikal äußern, müssen die Bedingungen klar und transparent formuliert werden. Weil die meisten Gesetze hier aber nur sehr schwammig sind, bleibt ein großer Interpretationsspielraum, der von politischen Aktivisten gerne genutzt wird Andersdenkenden Hass- Rede zu unterstellen, um sie zum Schweigen zu bringen oder zumindest erheblichen Ärger zu erzeugen.

Eigentlich verhindert werden sollen Beleidigungen und Diffamierungen oder Aufrufe zu Hass und Gewalt. Wer aber lediglich seine eigene Meinung äußert, der sollte mit einseitig interpretierten Hass- Rede- Gesetzen nicht generell zum Schweigen gebracht oder eingeschüchtert werden. Es besteht eben ein wichtiger Unterschied zwischen der Überzeugung, dass Gott Ehebeziehungen allein zwischen einem Mann und einer Frau gewollt hat und der Erniedrigung von Menschen, die sich für eine andere Lebensform entscheiden. Demokratische Toleranz muss nicht alles richtig finden, kann sogar deutlich für die eigene Sicht der Dinge einstehen, erträgt dann aber, dass Menschen anders denken und handeln, ohne diese zu einer Verhalts- Änderung zwingen zu wollen.

Viele LGBTQ- und Öko- Aktivisten sind zu dieser demokratischen Toleranz aber nicht mehr bereit. Mit einem beständigen Verweis auf ihre emotionale Betroffenheit wollen sie alle anderen dazu zwingen, sich nur noch nach ihren Vorstellungen auszudrücken, nur noch Formulierungen zu benutzen, die vorher von ihnen freigegeben wurden. Auch abweichende Meinungen wollen sie nicht mehr ertragen und in der Öffentlichkeit nur noch ihre Weltsicht zulassen.

Hass- Rede- Gesetze können dazu führen, ganz normale Meinungsverschiedenheiten einer Zensur zu unterwerfen. Diese  Folge einer eigentlich beabsichtigten Verhinderung von öffentlichen Beschimpfungen und Beleidigungen ist absurd. Schnell könnte das zu einer unzulässigen Einschränkung der verfassungsrechtlich garantierten Meinungsfreiheit führen. Für jede Demokratie ist der ungehinderte Austausch auch kontroverser Meinungen aber grundlegend wichtig.

Aufgrund ihres öffentlichen Bekenntnisses zum christlich Bild der Ehe wurde Päivi Räsänen und Bischof Pohjola das Verbrechens der „Volksverhetzung“ vorgeworfen; das sich unter dem Abschnitt „Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ im finnischen Strafgesetzbuch befindet. Als Strafe drohen bei solchen Verfahren Gefängnishaft oder eine hohe Geldstrafe. Aber auch schon die massive Rufschädigung durch monatelange einsichtige Berichterstattung und die Mühen eines mehrjährigen Prozesses sind mit massiven Beeinträchtigungen verbunden, auch wenn die Beschuldigten schlussendlich freigesprochenen werden. Angesichts der durch missbrauchte Gesetze gegen Hass- Rede aufgebauten Drohkulisse werden Personen des öffentlichen Lebens zukünftig auf jede Meinungsäußerung verzichten, die LGBTQ, Ökologie oder Rassismus in irgendeiner Weise betreffen könnten, insbesondere wenn sie vom gerade aktuellen Mainstream abweicht. Das aber ist eine illegitime Einschränkung der für eine Demokratie lebenswichtigen Meinungsfreiheit.

(von Michael Kotsch)

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