Obwohl sie nur 33 Jahre alt wurde, ist sie eine der bekanntesten und beliebtesten Frauen Südamerikas. Weltweit ist ihr Leben vor allem durch das Musical Evita von Andrew Lloyd Webber bekannt geworden, das seit 1974 überall mit großem Erfolg aufgeführt wird.
Eva Duarte wurde 1919 als Kind eines wohlhabenden Großgrundbesitzers im Norden Argentiniens geboren. Praktisch wuchs sie mit ihren vier Geschwistern allein bei der Mutter auf. Mit 15 Jahren zog Eva in die argentinische Hauptstadt Buenos Aires, um hier Karriere zu machen. Als selbstbewusste, talentierte und hübsche Frau fiel ihr das auch nicht weiter schwer. Schnell wurde sie als Model, als Radiomoderatorin und als Theater- und Filmschauspielerin bekannt. 1944 traf sie Juan Perón, ein führendes Mitglied der damals herrschenden Militärregierung, auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung. Nachdem Perón ein Jahr später in Ungnade gefallen und in Haft genommen worden war organisierte Eva öffentliche Proteste, die schließlich zu seiner Freilassung führten. Noch 1945 heiratete das Paar und Eva begann in den Medien für ihren Mann als Präsidentschaftskandidaten zu werben. Tatsächlich wurde Perón dann 1946 auch gewählt, vor allem weil er versprach, sich für die Rechte der armen Bevölkerung einzusetzen und eine Politik jenseits von Kommunismus und Kapitalismus zu verfolgen. In Wirklichkeit aber regierte er dann eher als nationalistischer Staatschef, mit einer großen Sympathie für den faschistischen italienischen Diktator Mussolini. Die Opposition wurde in den folgenden Jahren systematisch unterdrückt. Gleichzeitig öffnete er sein Land für flüchtige deutsche Nationalsozialisten, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa verhaftet werden sollten. Auch Eva hatte eine durchaus freundschaftliche Beziehung zu einzelnen dieser Nazis.
In den folgenden Jahren wurde Eva in Argentinien und weit darüber hinaus als María Eva Duarte de Perón, Frau des amtierenden Präsidenten, bekannt. Auch wenn ihr Mann wenig systematisch regierte und vor allem an seinem Machterhalt interessiert schien, nahm Evita ihr Versprechen an die arme Bevölkerung ernst. Beständig organisierte sie Gesetzesreformen und konkrete Hilfsaktionen. So kämpfte sie erfolgreich für Gesetze zur Verbesserung der Situation von argentinischen Frauen und zur Beschränkung der Rechte reicher Großgrundbesitzer. Gleichzeitig dachte sie allerdings auch immer an die Festigung ihrer eigenen Macht und pflegte ihr privates Leben im Luxus. Von der etablierten Oberschicht wurde Evita aufgrund ihrer einfachen Herkunft und wegen der der von ihr unterstützten Gesetze zur Begrenzung elitärer Machtverhältnisse vielfach gemieden.
1948 gründete Eva Perón eine landesweit tätige Wohltätigkeits- Stiftung („Fundación de Ayuda Social Eva Duarte de Perón“). Damit organisierte und finanzierte sie den Bau von Altersheimen, Waisenhäusern, Krankenstationen und weitere dringend benötigte Sozialinstitutionen. Das dazu benötigte Geld stammte von einigen wohlhabenden Argentiniern, vor allem aber aus der Staatskasse. Eva Perón organisierte den Bau von Wohnungen für die arme Bevölkerung und verschenkte in öffentlichen Veranstaltungen Geld an Bedürftige. 1949 unterstützte sie in einer großen Kampagne die Opfer eines schweren Erdbebens in Ecuador. Evita begnügte sich aber nicht nur mit öffentlichen Reden und Finanzierungen. Regelmäßig besuchte sie Arme und Kranke auch persönlich. Sie nahm sich Zeit für die Menschen in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen und scheute sich nicht davor, die Aussätzigen zu berühren. Von den Medien und auch von Teilen der Kirche wurde sie schon bald als neue „Heilige“ gefeiert.
Mit Überzeugung setzte sich Eva Perón auch für mehr Frauen- Rechte ein. Wesentlich trug sie beispielsweise zu einer Gesetzesreform bei, die den argentinischen Frauen das Wahlrecht einbrachte. Eva Peróns Stiftung engagierte sich auch massiv in der Unterstützung alleinerziehender Mütter. 1951 deckte sie Verschwörungspläne einiger nationalistischer Militärs auf, die alle Reformen wieder rückgängig machen wollten. Vor allem Evitas Beliebtheit verdankte Juan Perón 1951 seine Wiederwahl als argentinischer Präsident.
1952 starb Evita mit 33 Jahren an Gebärmutterhalskrebs. In Argentinien und auch in ganz Südamerika war sie mittlerweile zu einem Mythos geworden. Nach ihrem Tod entwickelte sich ein regelrechter Personenkult um Eva Perón. Einbalsamiert wurde sie in einem Sarg mit Glasdeckel im Kongressgebäude aufgebahrt und zur Schau gestellt. Auch auf argentinischen Geldscheinen wurde an sie erinnert. Ihr Mann benutzte Evitas Popularität zur Festigung seiner aufgrund von Misswirtschaft und Korruption geschwächten Stellung. Nachdem Perón 1955 abgesetzt wurde und man scharf gegen alle seine Anhänger, die Peronisten, vorging, wurde auch Evitas Sarg aus der Öffentlichkeit entfernt. Erst nach Beruhigung der politischen Verhältnisse erfolgte 1976 die Beisetzung im Familiengrab der Duartes in Buenos Aires. Schon mehrfach wurde Evitas Leben in verschiedenen Filmen und Musikproduktionen aufgegriffen. Mit besonderer Aufmerksamkeit wurde in Argentinien 2019 der 100ste Geburtstag Eva Peróns gefeiert. Bis heute hat sie zahlreiche Sympathisanten, die sie als großes Vorbild der Nächstenliebe und Solidarität sehen und ihr Porträt in der eigenen Wohnung aufhängen. 2019 forderte der argentinische Gewerkschaftsverband den Papst sogar dazu auf, Evita aufgrund ihrer Leistungen und ihrer Frömmigkeit heilig zu sprechen.
Trotz gewisser Zwiespältigkeit und einem zeitweilig unmoralischem sowie selbstzentrierten Leben hat Evita zweifellos viele positive Spuren hinterlassen. Auch wenn das natürlich nebenher ihrem eigenen Ansehen diente, engagierte sie sich außerordentlich für leidende und benachteiligte Menschen. Obwohl sie politisch für einen autoritativen Perónismus warb, standen ihre Aktionen der Nächstenliebe ganz klar im Vordergrund. Evita war es ein Herzensanliegen, Menschen praktisch zu helfen, nicht allein aus sozialen, sondern auch aus christlichen Gründen. Zur etablierten katholischen Kirche mit ihren Herrschaftsstrukturen und strengen Forderungen hatte Eva Perón zumeist ein eher gespanntes Verhältnis.
Der pointierte Einsatz für Schwache und Leidende sollte auch heute ein öffentlich sichtbares Kennzeichen überzeugter Christen sein; möglichst allerdings ohne politische Instrumentalisierung. Das verhältnismäßig kurze Leben der Eva Perón kann herausfordern, im eigenen Leben bewusst Akzente zu setzen und zu bedenken, was von den vielen möglichen Formen die Zeit zu verbringen wirklich von dauerhafter Bedeutung ist. Christen sollten darauf bedacht sein, positive Spuren auf der Erde zu hinterlassen. Manchmal kann es sich durchaus lohnen, über die Frage nachzudenken, was nach dem Tod irdisch vom eigenen Leben zurückbleibt.
(von Michael Kotsch)