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John MacArthur – Keine Unterordnung unter den Staat!?

Zuerst einmal möchte ich betonen, dass ich John MacArthur generell schätze. Mit großem Gewinn benutze ich seine Literatur und Studienbibel. Vielen Christen habe ich in den vergangen Jahren schon MacArthurs Bücher empfohlen und sehe auch keinen Grund, das zu ändern. – Ich möchte auch noch einmal darauf hinweisen, dass es mir in diesem Beitrag nicht um die Frage geht, wie gefährlich Corona ganz konkret ist oder ob alle staatlichen Schutzmaßnahmen wirklich sinnvoll oder rechtens sind. Mir geht es hier um das Verhältnis des Christen zum Staat, auch in Situationen in denen der Christ staatliche Maßnahmen ablehnt oder nicht nachvollziehen kann.

Vielleicht sollte in diesem Zusammenhang auch noch erwähnt werden, dass MacArthur seine Gottesdienste auch weiterhin gegen gültiges Gesetz und ohne Abstandsregel oder Masken durchführt, wobei es natürlich keinerlei biblische Gebote gegen Masken oder Sicherheitsabstände gibt. Stattdessen spottet er öffentlich über die weiterhin gültigen gesetzlichen Auflagen des Staates.

Wenn in der Öffentlichkeit verbreitet wird, Gerichte hätten MacArthur Recht gegeben, dann ist das eine ziemlich einseitige Interpretation, weil der Prozess nämlich noch gar nicht beendet ist, sondern auf Mitte November 2020 vertagt wurde.

Nun ein paar Worte zur Relevanz von MacArthurs Äußerungen in Europa: Längst handelt es sich bei seiner Stellungnahme nicht mehr um die Aussage einer fernen kalifornischen Gemeinde, sondern um ein Papier, dass im Internet und gedruckt tausendfach in deutschen und schweizerischen Gemeinden verbreitet wird. Viele Leser betrachten es als Freibrief, im Gottesdienst alle staatlichen Anordnungen mit guten Gewissen beiseite wischen zu dürfen, zumindest soweit sie Corona betreffen. Sehr schnell breitet sich die Grundargumentation bereits in den Köpfen vieler Christen aus: „Wenn ich mit einer staatlichen Maßnahme nicht einverstanden bin und irgendein Zusammenhang mit der Bibel hergestellt werden kann, dann ist die Verpflichtung zum Gehorsam der Regierung gegenüber aufgehoben.“ Mir sind in den vergangenen Monaten schon Christen begegnet, die mit der Berufung auf MacArthur fordern, man müsse auch andere öffentliche Maßnahmen zur Gesundheitsfürsorge boykottieren, die Schulpflicht ignorieren, bestimmte Steuern verweigern usw.

In der Bibel lesen wir relativ eindeutig:  „Jedermann ordne sich den Obrigkeiten unter, die über ihn gesetzt sind; denn es gibt keine Obrigkeit, die nicht von Gott wäre; die bestehenden Obrigkeiten aber sind von Gott eingesetzt. Wer sich also gegen die Obrigkeit auflehnt, der widersetzt sich der Ordnung Gottes.“   (Röm 13,1+2)

 „Ordnet euch deshalb aller menschlichen Ordnung unter um des Herrn willen, es sei dem König als dem Oberhaupt oder den Statthaltern als seinen Gesandten zur Bestrafung der Übeltäter und zum Lob derer, die Gutes tun. Denn das ist der Wille Gottes […].“ (1Petr 2, 13-15)

Gerade wenn Christen sich nach den Anordnungen Gottes richten, müssen sie die staatlichen Gebote einhalten, außer wenn diese direkten und eindeutigen Forderungen Gottes widersprechen. Da in der Bibel an keiner Stelle das Abhalten von Groß- Gottesdiensten an allen Orten und zu allen Zeiten gefordert wird, ist MacArthurs Stellungnahme eben nicht im Einklang mit den Aussagen der Bibel.

Darüber hinaus ist MacArthurs Stellungnahme theologisch gesehen etwas dünn. Fast keiner der vielen von ihn angeführten Bibelverse haben mit seinem eigentlichen Thema zu tun. Sehr lang führt er aus, dass Gott Herr der Welt und Herr der Gemeinde ist usw. Dabei steht das nicht zur Debatte. Jesus ist auch Herr der Gemeinde in Ländern in denen Christen verfolgt werden und keine größeren Gottesdienste abhalten dürfen. Außerdem gibt es auch in den USA kein Gesetz, das in die christliche Lehre oder die Verantwortung des Ältesten dauerhaft eingreifen will. Aufgrund einer vom Staat behaupteten Gesundheitsgefahr wurden alle Veranstaltungen untersagt, bei denen viele Menschen zusammenkommen: Schulunterricht, Konzerte, Theater, Sport- Events, politische Veranstaltungen usw. Wen man das als speziellen Angriff auf die Gemeinde Jesu interpretiert, müsste man so etwas  schon sehr gut begründen; was in MacArthurs Stellungnahme nicht geschieht.

Ich gehe hier die von mir kritisierte Stellungnahme MacArthurs einmal durch:

Christen, die den staatlichen Anordnungen zum Versammlungsverbot gehorchen, werden von MacArthur als „ungehorsam“ Gott gegenüber bezeichnet: „Eine Einwilligung wäre Ungehorsam gegenüber den klaren Geboten unseres Herrn.“ Das ist biblisch eine wirklich nur schwer zu begründende Aussage.

Ohne Nennung entsprechender biblischer Belege stellt MacArthur fest: „Gott hat drei Institutionen innerhalb der menschlichen Gesellschaft geschaffen: die Familie, den Staat und die Kirche. Jede Institution hat einen Autoritätsbereich mit Zuständigkeitsgrenzen, die respektiert werden müssen.“ Eine solche strikte Trennung findet sich in der Bibel nicht. Sehr wohl kann der Staat Rahmenbedingungen für die Familie und auch die Gemeinde bestimmen und er tut das ja auch seit 2000 Jahren. MacArthur selbst profitiert übrigens auch von staatlichen Steuervergünstigungen oder Infrastrukturmaßnahmen.

„Und ebenso wenig haben Regierungsbeamte das Recht, sich in kirchliche Angelegenheiten in einer Weise einzumischen, die die von Gott gegebene Autorität von Pastoren und Ältesten untergräbt oder missachtet.“ Wenn also ein Pastor zur Verbrennung einer Hexe auffordern würde, dürfte nach dieser Feststellung der Staat nicht eingreifen, weil sonst die Autorität des Pastors beschädigt werden könnte. Oder wie wäre es, wenn der Pastor die Gemeinde zwingen will, 20% ihres Eigentums abgeben zu müssen, wie schon mehrfach geschehen; oder wenn der Pastor eine Frau bedrängt mit ihm zu schlafen, wie es leider auch immer wieder passiert. MacArthur weitet seine Vollmacht unsachgemäß und unbiblisch aus. Mit diesen prinzipiellen Feststellungen öffnet er Tür und Tor für allerlei unbiblischen und geistlichen Missbrauch.

MacArthur spricht dem Staat jedes Recht ab, Gottesdienstbesuche einzuschränken. Was wäre, wenn der Staat von einem Terroranschlag, einem Atombombeneinschlag  oder einer drohenden Naturkatastrophe erfährt und deshalb den Gottesdienstbesuch untersagt. Soll oder muss die Gemeinde dann dem Pastor gehorchen und möglicherweise ihr Leben aufs Spiel setzen? Diese Feststellung MacArthurs lässt sich biblische kaum untermauern.

Mac Arthur begründet seinen Ungehorsam gegen den Staat mit Jesu Worten: „Du hättest keine Autorität über mich, wenn sie dir nicht von oben gegeben wäre“ (Johannes 19,11). Dabei ordnet sich Jesus an dieser Stelle dem Staat unter und lässt sich schlussendlich sogar zu Unrecht zum Tode verurteilen.  Von der unbedingten Abhaltung großer Gemeindeveranstaltungen ohne jede gesetzliche Auflage spricht der Text hingegen nicht.

Älteste „sind nicht verpflichtet, Anordnungen einer zivilen Regierung zu befolgen, die versucht, den Gottesdienst oder die Leitung der Kirche zu regeln.“ Betrifft das nach MacArthurs Auffassung beispielsweise auch Ruhestörung durch besonders laute Gottesdienste oder ausbeuterische Arbeitsverhältnisse? Verschwiegen wird hier, dass auch Kirchen und evangelikale Gemeinden  ihre Macht leider schon selber sehr häufig missbraucht haben und vollkommen zurecht vom Staat zurechtgewiesen werden mussten. Gerade steht beispielsweise in den USA der Pastor einer Mega- Gemeinde wegen mehrfachen sexuellen Missbrauchs vor Gericht.

„Als Kirche brauchen wir nicht die Erlaubnis des Staates, um unserem Herrn zu dienen und Ihn so zu verehren, wie Er es befohlen hat.“ – Das ist auch nicht Inhalt der momentanen Diskussion. Obwohl die Christen vieler Länder natürlich auf staatliche Genehmigungen angewiesen sind und diese häufig auch beachten, weil der geistliche Schaden durch eine Nichtbeachtung größer wäre als durch Unterordnung.

 „Die Freiheit der Religionsausübung ist ein Gebot Gottes und kein vom Staat gewährtes Privileg. Unsere historische Entwicklung ist voller schmerzlicher Erinnerungen daran, dass die Regierungsmacht leicht und häufig für böse Zwecke missbraucht wird. Politiker können Statistiken manipulieren und die Medien können unbequeme Wahrheiten verschleiern oder verbergen.“ – Hier geht es plötzlich nicht mehr um geistliche Fragen der Gemeinde. Die gerade von MacArthur gesetzte Grenze wird von ihm selbst überschritten, indem er bestimmen will, wie Politiker ihre Arbeit zu machen haben und ihnen, vor allem auf Grundlage von Vermutungen, Vorschriften über die richtige Einschätzung von Corona macht.

 „Wenn die Regierung den Kirchenbesuch auf eine bestimmte Anzahl von Besuchern eingrenzen will, versucht sie, eine Beschränkung durchzusetzen, die es den Gläubigen unmöglich macht, sich als Kirche zu versammeln.“ MacArthurs Argumentation zufolge gibt Gott das Recht oder sogar die Pflicht auf unbegrenzt große Veranstaltungen, auch wenn gleichzeitig alle anderen großen Zusammenkünfte rechtmäßig verboten sind. Eine exegetische Begründung dafür liefert er allerdings nicht.

Außerdem hat John MacArthur in offenem Widerspruch mit geltendem Recht zu Groß- Gottesdiensten eingeladen, als diese noch verboten waren. Parallel dazu hatte er Klage eingereicht, was ihm natürlich zusteht. Gesetzlich und biblisch in Ordnung wäre es, wenigstens bis zum Gerichtsurteil zu warten, bis man die bisher verbotenen Gottesdienste wieder durchführt.  Dabei geht es mir hier nicht um Prozesse die gewonnen oder verloren werden, sondern um die in der Bibel geforderte Achtung vor der Regierung, die MacArthur in seiner Stellungnahme eindeutig infrage stellt.

Die Verbote von Großveranstaltungen, wie den Gottesdienste von MacArthurs Megagemeinde waren übrigens deshalb „unbefristet“, weil natürlich keine staatliche Stelle sagen konnte, wie lange die Gefährdung durch Corona andauern würde. Das Verbot war allerdings eindeutig an diese Bedingung gebunden. Das Verbot galt auch nicht für ganz Kalifornien, sondern lediglich für bestimmte Hotspots in denen besonders viele Corona- Infektionen vorlagen und auch nur solange diese noch andauern würden.

In den Medien sind dank solcher Aufrufe evangelikale Christen in Deutschland schon offen rücksichtslos oder sogar kriminell genannt worden, was dem Evangelium nachhaltig schadet, weil Christen sich mit Bezug auf MacArthur nicht an Maskenpflicht oder Mindestabstand halten und das auch lautstark sagen. Es muss nachvollziehbarerweise auf Unverständnis stoßen, wenn Regeln, die im Staat für alle gelten dann, sogar noch mit Ankündigung, von Christen gebrochen werden. weil sie meinen, diese Regeln hätten für sie keine Bedeutung.

(von Michael Kotsch)

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