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Kremation – Feuerbestattung!? (Teil 1)

Jeder wird immer wieder in seinem Leben mit dem Tod naher Angehöriger konfrontiert. Spätestens dann stellt sich die Frage, wie mit dem Verstorbenen zu verfahren ist. Über Jahrhunderte hinweg gab es in Mitteleuropa eigentlich nur die Erdbestattung. In den vergangenen 100 Jahren aber hat sich die Kremation, die Feuerbestattung, weitgehend durchgesetzt.

Korrekt gesehen ist die Feuerbestattung eigentlich keine Bestattung des Verstorbenen, sondern die restlose Verbrennung seines Leichnams. Die dabei zurückbleibende Asche und Reste der Knochen werden in einer Urne beigesetzt. In manchen Ländern der Welt kann die Asche des Verstorbenen auch auf See oder aus dem Flugzeug verstreut werden. Gegen entsprechende Geldzahlungen ist es in den USA möglich, die Asche auch ins Weltall schießen zu lassen oder sie stark gepresst als Industrie- Diamant bei sich zu tragen. Die in Deutschland häufigste Variante aber ist die Beisetzung der Urne in einem Grab, einer Mauer oder einem Waldstück. Ungefähr 160 Krematorien bieten derzeit in Deutschland ihre Dienste an, von denen fast die Hälfte privat betrieben wird.

Lag die Zahl der Feuerbestattungen 1960 in Deutschland noch bei 10%, werden heute 70 % der Verstorben verbrannt, mit weiter steigender Tendenz. Kremation ist hierzulande ein gesellschaftlicher Trend, auch wenn viele die wirklichen Gründe für eine solche Haltung nicht genau zu benennen wissen. In katholisch geprägten Ländern wie Frankreich, Irland und Italien werden auch heute nur etwa 5 % der Verstorbenen kremiert.

Die Geschichte

In den verschiedenen Religionen und Kulturen der Vergangenheit ging und geht man mit den Leichen Verstorbener sehr unterschiedlich um. Im Alten Ägypten wurden Körper einbalsamiert, wie die bis heute gut erhaltenen Mumien zeigen. Man ging davon aus, dass ein Teil der Seele sich auch weiterhin im Körper des Verstorbenen befinde. So ähnlich sahen das auch zahlreiche andere Kulturen der Vergangenheit; beispielsweise die Kelten oder die Chinesen der Shang-Dynastie im 2.Jahrtausend v.Chr.

Feuerbestattungen gab es auch schon in früheren Zeiten. Die Wikinger  beispielsweise legten die Leiche vornehmer Verstorbener in ein Schiff, dass sie anzündeten und dann aufs Meer treiben ließen. Mit dieser Kombination von Kremation und Seebestattung hofften sie der Seele des Verstorbenen den Weg ins Jenseits zu öffnen.

Im Hinduismus und Buddhismus war die Feuerbestattung schon immer weit verbreitet. Mit der Verbrennung des Körpers löst sich die Seele für eine neue Reinkarnation von ihrer alten Existenz, so die Überzeugung. In Japan werden deshalb bis heute fast alle Verstorbenen kremiert. Für Juden und Muslime hingegen kommt die Verbrennung nicht als legitime Form der Bestattung  infrage.

Bei den alten Griechen ließen sich insbesondere die Wohlhabenden verbrennen. Im späteren Römischen Reich war die Kremation eher der Normalfall als die Ausnahme. Vor allem Juden und Christen aber bevorzugten eine Erdbestattung.

Im Römischen Reich waren Feuerbestattungen durchaus weit verbreitet. Auch nachdem im 4.Jahrhundert durch den Einfluss Konstantin des Großen das Christentum öffentlich erheblich an Bedeutung gewann, ließen noch immer viele Bürger ihre Verstorbenen verbrennen. Zwar standen sowohl der jüdische Glaube als auch viele Kirchenlehrer der Kremation ziemlich distanziert gegenüber. Auf der anderen Seite aber hielt sich die lange eingeübte Tradition.

Mit Bezug auf das biblische Vorbild ließ Karl der Große Feuerbestattungen im Jahre 789 verbieten. Für die nächsten 1000 Jahre wurde die Erdbestattung in ganz Europa zur einzigen legitimen Form der Grablegung. In der mutwilligen Zerstörung des Leichnams sah man eine Schändung des menschlichen Körpers, der ursprünglich doch nach dem Ebenbild Gottes geschaffen worden war. Außerdem betrachtete man die Verbrennung des Verstorbenen als einen unzulässigen Eingriff in den Herrschaftsbereich Gottes, der einen Menschen entstehen ließ und alleine das Recht hatte, ihn dann auch wieder vergehen zu lassen. Christen sprachen sich auch aufgrund der damit verbundenen Auferstehungshoffnung für die Erdbestattung aus. Die Verbrennung eines Menschen wurde nur noch als Zeichen des Gerichts praktiziert, z.B. bei Todesstrafe durch den Scheiterhaufen.

Seit der französischen Revolution (1789-1799) mit ihrer kirchenkritischen Grundhaltung wurde in Europa wieder neu über Feuerbestattungen diskutiert. Auf der Weltkonferenz der Freimaurer in Neapel (1869) sprach man sich aufgrund weltanschaulicher Gründe deutlich für die Feuerbestattung aus: „Der Religion des Kreuzes und der Auferstehung soll eine Religion der Urne entgegengesetzt werden“.

Während der Weltausstellung 1873 in Wien präsentierte der Paduaer Professor Brunetti die erste Feuerbestattungsanlage. 1876 schließlich eröffnete in Mailand das erste Krematorium. 1878 entstand in Gotha das erste Krematorium auf deutschem Boden. Finanziert wurde es, wie die meisten folgenden Krematorien, von privaten Feuerbestattungsvereinen, in denen sich vornehmlich kirchenkritische Bürger engagierten. Vor allem Freidenker und Sozialisten propagierten Endes des 19.Jahrhunderts die Feuerbestattung, als Ausdruck der rein irdischen Existenz des Menschen ohne ewige Seele und Auferstehung des Körpers. Insbesondere von Atheisten wurde sie damals als besonders fortschrittliche, wirtschaftliche und hygienische Form der Bestattung beworben. Verdeckt ging es aber auch um weltanschauliche Ziele. Man wollte den eigene  Körper möglichst schnell und vollständig auflösen, ihn wieder mit der Natur bzw. dem Universum vereinigen.

Die christlichen Kirchen stellten sich gegen die Feuerbestattungsvereine. Die evangelische Kirche zeigte eine ablehnende Haltung. Die katholische Kirche erließ 1886 sogar ein Verbot der Feuerbestattung, das erst 1963 wieder aufgehoben wurde. In katholisch geprägten Regionen werden auch heute noch deutlich mehr Menschen erdbestattet als verbrannt. Das geht vor allem auf die langjährige Ablehnung der Kremation durch den Vatikan zurück. Orthodoxe Kirchen lehnen Feuerbestattungen bis heute mehrheitlich ab, auch wenn die Griechisch Orthodoxe Kirche sie 2006 formal gesehen für legitim erklärte.

Als besonders abschreckende Form von Kremation bleibt natürlich die Ermordung und Verbrennung der Juden durch die Nationalsozialisten im Gedächtnis. Hier wollte man durch die Kremation jede Form der Würde und Erinnerung an die betreffenden Menschen grundlegend auslöschen.

In der DDR wurde die Feuerbestattung staatlicherseits bewusst gefördert und zu einem gesamtgesellschaftlichen Anliegen stilisiert. So wurde sie unter anderem als sozialistische, dem christlichen Glauben entgegengesetzte Form der Bestattung beworben.

(von Michael Kotsch)

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