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Weniger Christen in Deutschland und den USA?!

Regelmäßig ist in den letzten 40 Jahren in Deutschland und anderswo von Erweckungen zu hören gewesen, von Menschen, die sich in großer Zahl Gott und der Gemeinde zuwenden würden. In der statistischen Realität aber lässt sich leider eher das genaue Gegenteil feststellen. Natürlich ist der Gottesdienstbesuch dabei nur ein, zugegebener Weise unvollständiger Gradmesser. Aber immerhin wäre mit einer gewissen Berechtigung zu erwarten, dass Menschen, die sich ernsthaft Gott zuwenden auch häufiger die Nähe anderer Christen suchen oder im Gottesdienst auf die Bibel hören wollen. In Deutschland aber ist der diesbezügliche Trend in den vergangenen 40 Jahren sehr eindeutig. Gingen 1982 noch 19% der Katholiken regelmäßig, einmal in der Woche zum Gottesdienst, so sind das heute gerade noch 7 %. In der Evangelischen Kirche ist die Entwicklung noch dramatischer. Besuchten 1982 6 % der evangelischen Christen einmal wöchentlich den Gottesdienst, so sind das heute gerade noch 4 %, und das obwohl gleichzeitig viele Uninteressierte die Kirche verlassen hatten und man deshalb eher mit einem prozentualen Anstieg hätte rechnen können. Das Desinteresse an Glaube und Gemeinde ist bisher auch noch nicht zum Stillstand gekommen. Gerade für die Jüngeren gehört Gottesdienst immer weniger zum eigenen Leben. Von evangelischen Kirchenmitgliedern unter 30 Jahren besuchen nur noch 1% regelmäßig einen Gottesdienst.

Auch in etablierten Freikirchen ist die Teilnahme an Gottesdiensten und anderen gemeindlichen Veranstaltungen deutlich rückläufig; wenn auch noch nicht ganz so drastisch wie in den beiden großen Landeskirchen. Auch einige wenige Mega- Gemeinden können über diesen langjährigen Trend nicht wirklich hinwegtäuschen. Selbst wenn sich in manchen Großstädten 1000 oder mehr, überwiegend junge Leute in einer Mega- Gemeinde von ICF oder Hillsong treffen, dann darf nicht übersehen werden, dass gleichzeitig fast immer viele kleinere Gemeinden der Region deutlich an Mitgliedern und Gottesdienstbesuchern verlieren. Christliche Events mit tausenden Besuchen genießen durchaus noch eine gewisse Beliebtheit, zumeist aber auch nur, wenn dabei die konfessionellen Grenzen immer weiter gesteckt werden und am Ende alle nur irgendwie vage christlichen Personen daran teilnehmen. Wenn alle Unterschiede zwischen evangelisch und katholisch, zwischen pfingstlerisch und brüdergemeindlich und letztlich sogar zu Sondergruppen wie den Mormonen einnivelliert werden, dann kommen in solchen Veranstaltungen noch immer nennenswert große Gruppen von Christen zusammen. Das allerdings ist kein Zeichen großer geistlicher Stärke und Toleranz, sondern eher ein Signal der Schwäche. Aus der Sehnsucht nach Größe fallen immer mehr spezifisch christliche Überzeugungen unter den Tisch. Am Ende darf jeder in einer großen Veranstaltung die geistlichen Aussagen verstehen und deuten wie er will. Kritische Aspekte werden nur noch am Rande oder gar nicht mehr angesprochen. Vor allem dreht sich alles um positive Zusprüche, interpretationsoffene Symbole und stark klingende Worte, die natürlich alle gerne hören, ganz gleich was sie im Alltag wirklich glauben oder leben.

Die Situation in den USA ist momentan ganz ähnlich, wenn auch auf höherem zahlenmäßigen Niveau. 1999 bezeichneten sich noch 70% der Amerikaner als gläubig oder christlich. 2020 traf das nur noch auf 48 % der Bevölkerung zu; mit weiter abnehmender Tendenz. Trotz großer Events, Mega- Gemeinden und bekannten Konferenzrednern befindet sich der christliche Glaube auch in den USA in einer gewissen Krise. Bei den scheinbar großen geistlichen Aufbrüchen geht es in Realität fast nur noch um die Umverteilungen religiöser Personen, von einer Gemeinde- Richtung zu einer anderen. Die amerikanische Gesellschaft insgesamt aber distanziert sich zunehmend vom christlichen Glauben. Schon lange sind nicht mehr alle, die konservativ wählen oder denken deshalb auch an christlichem Glauben interessiert. – Wer in den USA zu einer evangelikalen Freikirche gehört, der besucht zumeist aber auch relativ regelmäßig den Gottesdienst. Daran hat sich den Statistikern zufolge in den vergangenen 30 Jahren nur wenig geändert.

Die zunehmende Erosion christlichen Glaubens in Europa und Amerika sollte nun nicht zu Frustration und Verzweiflung führen. Es ist gut und wichtig die gegenwärtige religiöse Situation wahrzunehmen. Da auch Christen in dieser Welt leben und in gewissem Maße von ihren Trends beeinflusst werden, ist es absolut wichtig, im eigenen Umfeld die Notwendigkeit verpflichtender Gemeinschaft zu betonen und Gottesdienste so zu gestalten, das Besucher darin geistlich wachsen können. Die zunehmende Marginalisierung des christlichen Glaubens in der Gesellschaft muss überzeugte Christen gleichzeitig aber auch bewegen, noch kreativer, intensiver und deutlicher überall wo es ihnen möglich ist, auf Gott, Jesus, Bibel, Gebet, ewiges Leben usw. aufmerksam zu machen. Immer häufiger brauchte es auch eine gute Vor- Evangelisation; Bemühungen im ganz normalen Alltag Glaubensfragen einzubinden und als relevant deutlich zu machen. In einer christenfernen Welt ist der Weg zum Glauben für viele heute deutlich länger geworden, bis sie von einer relativen Gleichgültigkeit zur Entscheidung eines Lebens mit Jesus kommen. Deshalb gilt es, auf möglichst vielfältige und doch klare Weise die verschiedenen Aspekte christlichen Glaubens im Alltag zur Sprache zu bringen, auch wenn die persönlichen Veränderungen im Durchschnitt immer länger dauern werden.

Der in der Bibel vorgestellte Glaube ist auch heute noch durchaus relevant, selbst wenn langfristige gesellschaftliche Trends gerade den christlichen Glauben vorwiegend negativ werten und verzerren und wenn viele Christen in ihrem Alltag keinen wirklich großen Unterschied mehr machen zu ihrem engagierten aber ungläubigen Nachbarn. Trotzdem: Gott baut seine Gemeinde auch heute noch, wenn auch vielleicht kleMega Churchiner und gesellschaftlich weniger auffällig.

(von Michael Kotsch)

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