Jakob Tscharntke erfährt derzeit eine große Aufmerksamkeit unter evangelikalen Christen. Ganz offensichtlich hat er viele Fans, die mit missionarischem Eifer seine Predigten weiter verbreiten. Dabei hat der Mann effektiv nur wenig Neues zu sagen. Besonders in Fahrt kommt er gewöhnlich, wenn es um Politik geht und das seit nunmehr fünf Jahren. Nach seinen immer wiederkehrenden Forderungen müsse die deutsche Regierung schnellstens zurücktreten und an deren Stelle die AfD gesetzt werden.
Gründliche Bibelkenntnis ist nicht gerade die Stärke Tscharntkes. Immer wieder arbeitet er sich insbesondere an den offensichtlichen Aussagen der Bibel ab, die häufig genau das Gegenteil sagen, wie er und scheinbar auch einige seiner Zuhörer es sich wünschen. Das war schon so, als 2015 eine Millionen Flüchtlinge nach Deutschland kamen und der markige Kanzel- Redner bereits den Untergang des Abendlandes prophezeit hatte. Alle biblischen Forderungen zu Nächsten- und Feindesliebe oder zur Unterstützung der Fremden im Land wurden von Tscharntke in Bausch und Bogen wegargumentiert. Zwar stehe das ärgerlicherweise in der Bibel, habe für die dramatische gegenwärtige Situation aber nichts zu sagen. Dass er mit seinen Prognosen beispielsweise zum Flüchtlingsstrom 2015 im Nachhinein ziemlich danebenlag, kümmert Tscharntke heute nur wenig; schließlich muss er auch keine Verantwortung übernehmen für seine gefährlichen politischen Spekulationen.
Eigentlich lässt sich Tscharntkes Botschaft ziemlich einfach zusammenfassen: In der Bibel verlangt Gott die Unterordnung unter die Herrschenden. Tscharntkes Meinung nach bedeutet das aber gerade das Gegenteil, nämlich die Regierung nach Möglichkeit zu abzustezen. Nach biblischer Forderung sollen Christen die Regierung ehren. Tscharntke überschüttet führende Politiker stattdessen mit Hass und Spott.
Die Bibel sagt beispielsweise:
„Jedermann ordne sich den Obrigkeiten unter, die über ihn gesetzt sind; denn es gibt keine Obrigkeit, die nicht von Gott wäre; die bestehenden Obrigkeiten aber sind von Gott eingesetzt. Wer sich also gegen die Obrigkeit auflehnt, der widersetzt sich der Ordnung Gottes.“ (Röm 13,1+2)
„Ordnet euch deshalb aller menschlichen Ordnung unter um des Herrn willen, es sei dem König als dem Oberhaupt oder den Statthaltern als seinen Gesandten zur Bestrafung der Übeltäter und zum Lob derer, die Gutes tun. Denn das ist der Wille Gottes […].“ (1Petr 2, 13-15)
Jakob Tscharntkes Position:
Um das schlechte Gewissen angesichts dieser deutlichen biblischen Aufforderungen zu ersticken, erklärt er indirekt sich selbst zur Regierung. Laut Tscharntke und seinen Sympathisanten ist die Regierung nämlich eigentlich nicht die Regierung. Er selbst ist nur bereit eine Regierung anzuerkennen, die seine politischen Forderungen durchsetzt. Dazu erklären Tscharntke und seine Anhänger, dass in einer Demokratie alle Macht „vom Volk“ ausgeht. Aus Unkenntnis oder politischem Kalkül vergisst er dann allerdings zu sagen auf welche Weise in einer parlamentarischen Demokratie die Macht des Volkes ausgedrückt wird, nämlich durch Wahlen in den Kreis-, Land-, und Bundestag. Dann können bei Bedenken Petitionen eingereicht werden, man kann seine Meinung durch Demonstrationen mitteilen oder das Bundesverfassungs- Gericht bemühen. Tscharntke nun spricht der demokratisch gewählten Regierung ihre Legitimität ab. Seine Meinung zur Flüchtlings- oder Corona- Politik aber verwechselt er dann in seinen Predigten immer wieder mit dem vorgeblichen „Willen des Volkes“. Meinungsumfragen verschiedener auch regierungskritischer Organisationen aber kommen zum Ergebnis, dass etwa 80% der Bevölkerung mehr oder weniger hinter den Corona- Maßnahmen der Regierung stehen. Weil das aber nicht zu Pastor Tscharntkes eigener Meinung passt, wird „das Volk“ von ihm kurzerhand entmündigt oder auf Meinungsäußerung lautstarker Kritiker beschränkt.
Obwohl er es gerne so sagt, ist Tscharntke eben gar nicht bereit, sich dem „Willen des Volkes“ unterzuordnen. Unter anderem beruft sich der Polit- Pastor dann auch noch auf das Grundgesetzt. Weil die Bundesregierung vorgeblich gegen das Grundgesetz handele, müsse sich der Christ ihr nicht mehr unterordnen. Biblisch ist solch eine Argumentation natürlich nicht. Denn ärgerlicherweise wird dort die staatlich Unterordnung eben nicht von der Rechtmäßigkeit politischer Entscheidungen abhängig gemacht. Außerdem müsste ein Gericht erst klären, ob ein solcher, von Tscharntke behaupteter Verstoß gegen das Grundgesetzt, überhaupt vorliegt. Da aber Tscharntke auch den Gerichten nicht traut, bleibt allein seine eigene Meinung als vorgebliche „Stimme des Volkes“ und als „einzig richtige“ Interpretation des Grundgesetzes.
Die Bibel sagt beispielsweise:
Hinter den Herrschenden steht immer Gott, selbst dann wenn eine Regierung offensichtliche Fehler macht. „Gott setzt Könige ab und setzt Könige ein.“ (Daniel 2, 21) „Wie Wasserbäche ist das Herz des Königs in der Hand Gottes; er leitet es, wohin immer er will.“ (Spr 21, 1) Immer wieder gebrauchte Gott im Alten Testament selbst heidnische Könige für seine Ziele der Geschichte, auch wenn es zeitweilig mit Leiden für sein Volk verbunden war (z.B. Jer 29). „Es gibt keine Obrigkeit, die nicht von Gott wäre; die bestehenden Obrigkeiten aber sind von Gott eingesetzt. Wer sich also gegen die Obrigkeit auflehnt, der widersetzt sich der Ordnung Gottes.“ (Röm 13,1+2)
Jakob Tscharntkes Position:
Rein sachlich muss man leider feststellen, dass Pastor Tscharntke fast nie seine teilweise äußerst abenteuerlichen politischen Aussagen auch nachvollziehbar belegt. Und dabei genügt es natürlich nicht, seine eigenen politischen Konzepte allein mit einer diffusen Angst vor der biblischen Endzeit zu begründen. Tscharntkes politische Vorstellungen erinnern in weiten Teilen an ganz ähnlich Geschichten vor hundert, zweihundert und dreihundert Jahren; wenig aber an eine biblische Konzeption, nach der ganz eindeutig Gott es ist, der Regierungen einsetzt und absetzt. Nach Tscharntke haben wir in Deutschland eine Art Marionetten- Regierung. Im Hintergrund stehen, namentlich nicht genau zu identifizierende „Mächte Satans“, die schon fast eine Weltregierung ausüben. Um dieses Ziel zu erreichen würden, so Tscharntke, viele Ausländer nach Deutschland geholt und mit einer erfundenen Corona- Pandemie die demokratischen Freiheitsrechte außer Kraft gesetzt bzw. der christliche Glaube bekämpft. Tscharntke bekennt auch offen, dass zahlreiche seiner Gedanken aus klassischen Verschwörungstheorien stammen, beispielsweise der von Nazis benutzten Idee einer jüdischen Weltregierung.
Für einen Christen klingt Tscharntkes Konzept der Welterklärung ziemlich kleingläubig und defensiv. Christen aber, die Gottes Wort vertrauen, wissen, dass Gott über allem steht, dass er auch diese Regierung eingesetzt hat und, dass manche Herrschaft sogar eine berechtigte Strafe für ein Volk sein kann.
Die Bibel sagt beispielsweise:
„So ermahne ich nun, dass man vor allen Dingen Bitten, Gebete, Fürbitten und Danksagungen darbringe für alle Menschen, für Könige und alle, die in hoher Stellung sind, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen können in aller Gottesfurcht und Ehrbarkeit; denn dies ist gut und angenehm vor Gott, unserem Retter.“ (1Tim 2, 1-3)
„ Erinnere die Gläubigen, dass sie sich den Regierenden und Obrigkeiten unterordnen und gehorsam sind, zu jedem guten Werk bereit; dass sie niemand verlästern, nicht streitsüchtig sind, sondern gütig, indem sie allen Menschen gegenüber Sanftmut erweisen.“ (Tit 3, 1)
„Ehrt den König!“ (1Petr 2, 17)
Jakob Tscharntkes Position:
Bundeskanzlerin Angela Merkel sei eine „Handlangerin des Bösen“, sie sei ein „Politkasper“ und eine der „größten Verbrecher der Menschheitsgeschichte“. Die Regierung sei gesteuert von „Dummheit oder Bosheit“ und betreibe eine „rechtswidrige Invasionspolitik“, ist Jakob Tscharntke überzeugt. Frau Merkel wolle demnach eine „totalitäre Willkürherrschaft“, eine „menschenverachtende Barbarei“, eine „hasserfüllte technische Tyrannei“. Sie lasse die Menschen „jämmerlich verrecken wie Vieh“. Eine satanische Macht stürze mit „Merkel, Söder, Spahn und Co.“ als „Lakaien“ und einem „Bill Gates“, der auch nur ein „Laufbursche der wirklich Mächtigen“ sei, die Welt ins Chaos, ist Tscharnke überzeugt.
„Wir stehen erst am Anfang Ihrer Schandtaten, die Frau Merkel zur Verwüstung unseres Volkes und Vaterlandes noch beabsichtigen,“ äußerte Tscharntke. Die Flüchtlinge kämen als „bewaffnete Terroristen ins Land“, ist er überzeugt. Von den wirklich Verfolgten schweigt er hingegen zumeist. Nach Merkels Wiederwahl prognostizierte Tscharntke ein Land, dass „demnächst völlig in Chaos und Finsternis, in Bürgerkrieg und Mord und Totschlag versinkt.“ Die „Herrschenden“ hätten zwischenzeitlich einen dritten Weltkrieg begonnen, so Tscharntke. „Ein dritter Weltkrieg, der die totale Unterjochung der Menschheit unter die totale Überwachung und Herrschaft einer Elite anstrebt, die wir nicht einmal kennen.“ „Ich würde diese Verbrecherbande von Politikern schleunigst […] hinter Schloss und Riegel bringen.“
Christen, die heute in Deutschland leben, werden sich verwundert die Augen reiben, weil sie diese Dimension der Katastrophe, trotz mancher Unzufriedenheiten mit der Regierung, bisher gar nicht erlebt haben. Doch Tscharntke weiß: „Es ist eine extrem tiefe Spaltung zwischen denen, die der Volks Verdummung durch Politik, Medien und Kirchen aufsitzen und deshalb die Politik der Herrschenden für gut und richtig halten und denen, welche begreifen, was hier wirklich abgeht.“ Das viele seiner Ideen auch in sehr problematischen Kreisen vertreten werden kümmert ihn wenig: „Wer heute kein ‚Verschwörungstheoretiker‘ ist, hat in der Regel das eigene Denken eingestellt.“ Damit meint Tscharntke natürlich auch all die Christen, die seine politischen Einschätzungen nicht teilen.
Auch wenn sich Christen zeitweilig zurecht über politische Entscheidungen des Staates ärgern oder ihre Rechtmäßigkeit bezweifeln, sind sie definitiv nicht von Gott ihrer Gehorsamspflicht und ihrer Ehrerbietung gegenüber dem Staat entbunden.
„Erinnere die Christen, dass sie sich den Regierenden und Obrigkeiten unterordnen und gehorsam sind, zu jedem guten Werk bereit; dass sie niemand verlästern, nicht streitsüchtig sind, sondern gütig, indem sie allen Menschen gegenüber alle Sanftmut erweisen.“ (Titus 3, 1+2)
(von Michael Kotsch)
Eine Antwort auf „Politik- Pastor Tscharntke + Corona (1)“
Ich bin von ihrer art Pastor Tscharntke zu diffamieren schwer enttäuscht. Wen sie nur noch einer Regierung sich unterordnen möchten die Sämtliche Christliche werte ignoriert dann tun sie mir Leid . Den dies steht ebenfalls in der Bibel wen ei könig ( regierung ) gegen Gottes werte Handelt dan solte man sich dagegen wehren . .