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Hassrede: „Todesstrafe für Homosexuelle“?

Der erst vor wenigen Jahren gläubig gewordene Anselm Urban sieht sich als großer Gerichtsprediger im Kampf gegen Homosexualität und Unmoral, der aber nur wenig Kontakt mit anderen Predigern oder Ältesten braucht. Dabei dürfte ein geistlicher Neuling, nach biblischer Aussage, eigentlich gar kein geistlicher Leiter sein, wie Paulus seinem Mitarbeiter Timotheus mitteilt. Solche Leute sollten sich erst gründlich im Dienst unter der Leitung anderer Ältester bewähren. Irgendwie scheint der übermotivierte Urban aber Probleme mit Einordnung zu haben, weshalb er lieber gleich seine eigene Kirche eröffnet hat, die Baptistenkirche Zuverlässiges Wort in Pforzheim.

Obwohl das sonst eigentlich nicht Inhalt eines christlichen Glaubensbekenntnisses ist, meint die Gemeinde auf ihrer Homepage mit besonders heftigen Aussagen punkten zu müssen. „Wir glauben, dass Homosexualität Sünde und eine Schande ist, die Gott mit der Todesstrafe ahndet.“

In einer E-Mail an die Pforzheimer Zeitung stellt Urban klar: „Ich und wir als Baptistenkirche glauben, dass Homos mit der Todesstrafe bestraft werden sollen.“ In der Bibel würden „die Homos als unvernünftige Tiere und Hunde bezeichnet“ werden. Für die Durchsetzung der Todesstrafe sei aber der Staat verantwortlich.

Schon in Görlitz war Urban 2022 angeklagt und später verurteilt worden, weil er die deutsche Übersetzung eines amerikanischen Hass- Videos gegen Homosexuelle in Umlauf gebracht und beworben hatte. Darin wird unter anderem gefordert, Homosexuelle sollten „zurück in die Hölle“ gehen oder sich gleich „eine Kugel in den Kopf jagen“.

Urban arbeitet für die Faithful Word Baptist Church in Tempe / Arizona. Die amerikanische Muttergemeinde wurde 2005 von Steven Anderson gegründet, der in den USA unter anderem durch den Hinweis auf sich aufmerksam machte, er bete für den Tod des damaligen Präsidenten Barack Obama. Dieses Verhalten kann sich offensichtlich nicht auf das Vorbild der Christen des Neuen Testaments berufen.

Irgendwie drängt sich hier der Eindruck auf, dass es dem selbsternannten Evangelisten vor allem um seine Popularität geht. Leider gibt es einige evangelikale Christen, die sich mit radikalen und besonders provokativen Aussagen in den Mittelpunkt spielen wollen. Damit tragen sie allerdings weder zur Verbreitung des Evangeliums, noch zu einer Akzeptanz biblischer Ethik bei. Sie geben vor, im Sinne Jesu zu sprechen und tun es dann in Wirklichkeit doch nicht.

Weder Jesus noch einer der Apostel hatten in irgendeiner Ansprache an Nichtgläubige über Homosexualität gesprochen. Die meisten Stellen des Neuen Testamentes, die sich mit sexuellen Fragen beschäftigen, richten sich spezifisch an Gläubige in der Gemeinde, die sich besonders vorbildlich verhalten sollen. Obwohl Homosexualität in der antiken Umwelt des Apostel Paulus durchaus weit verbreitet war, ruft er den damaligen Staat an keiner Stelle auf, diese gesetzlich zu verbieten oder Homosexuelle zu töten. Hier sollten sich Prediger, die heftige Auftritte lieben, wohl besser an dem Vorbild der biblischen Apostel orientieren.

Anselm Urban hat sein Ziel zwischenzeitlich vielleicht schon erreicht. Mit seiner, zehn Mitglieder umfassenden Gemeinde, hat er deutschlandweite Aufmerksamkeit gewonnen. Sicher werden sich ihm nach dieser Aktion schon bald einige Christen anschließen, die davon überzeugt sind, dass heftigste Beschimpfungen anderer Menschen ein Zeichen besonderer Vollmacht oder Bibeltreue sei.

Wenn Urban die Bibel wirklich ernst nehmen würde, dann hätte er sich ganz besonders kritisch gegen den Materialismus oder den pharisäischen Hochmut gewandt, genau wie Jesu das in vielen seiner Reden getan hat. Auch in Deutschland sind Egoismus, Materialismus und Gottvergessenheit offensichtlich problematische Verhaltensweisen, die Millionen Menschen betreffen und in ihrem Leben bestimmen. Allerdings hätte er mit einer solchen Kritik wohl weit weniger mediale Aufmerksam bekommen, als mit seinem Aufruf zur „Todesstrafe für Homosexuelle“.

Die Aufgabe eines Evangelisten ist es eigentlich, glaubensfernen Menschen das Evangelium von der Sündenvergebung durch den stellvertretenden Tod Jesu Christi nahezubringen. Sexualethische Fragen und Aufrufe zur Todesstrafe gehören eigentlich nicht zum Programm der Evangelisation.

Durchaus interessant ist es auch, dass sich in der Bibel weit mehr positive Aussagen über die ideale, von Gott geschaffene Sexualität finden, als über Sexualpraktiken, die abgelehnt werden. Hier sollte man dem selbsternannten Gerichtsprediger empfehlen, wie die Autoren der Bibel, für die guten Gebote Gottes zu werben, statt Menschen Verhaltensweisen vorscheiben zu wollen, die zumeist gar keine Christen sein wollen. Es war auch nie der Auftrag Jesu, einen säkularen Staat dazu zu drängen, alttestamentliche Gebote des Volkes Israel umzusetzen.

„Eure Worte seien immer freundlich und angenehm gewürzt! Ihr sollt wissen, wie ihr jedem Einzelnen antworten müsst!“ (Kol 4, 6) „Antwortet freundlich und mit dem gebotenen Respekt. Bewahrt euch ein reines Gewissen! Wenn die Leute euch dann etwas Böses nachsagen, werden sie beschämt, weil euer vorbildliches Leben mit Christus sie Lügen straft.“ (1Petr 3, 16)

(von Michael Kotsch)

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