Kategorien
Podcast

Vom Rassisten zum Christen

Von 1998-2019 war Thomas A. Tarrants Präsident des amerikanischen C.S. Lewis- Instituts. Jahrelang war er darüber hinaus als Pastor einer gemischtrassigen Kirche in Washington DC tätig. Als junger Mann war Tarrants überzeugter Rassist und Mitglied des Ku-Klux-Klan (KKK). Aus einem tiefen Hass den schwarzen US-Amerikanern gegenüber war er sogar an einem Anschlag beteiligt. Nach seiner Bekehrung im Gefängnis schrieb er 1979 einen ersten Bericht über seine Lebensgeschichte „The conversion of a Klansman. The story of a former Ku Klux Klan terrorist“ (Die Bekehrung eines Klan- Anhängers. Die Geschichte eines früheren Ku-Klux-Klan Terroristen). 2019 veröffentlichte er ein weiteres  Buch in dem er noch genauer auf die Hintergründe seines rassistischen Denkens und seiner Bekehrung eingeht „Consumed by Hate, Redeemed by Love. How a Violent Klansman Became a Champion of Racial Reconciliation“ (Vom Hass vereinnahmt, Durch Liebe erlöst. Wie ein gewalttätiger Klan- Anhänger zum Verfechter der Rassenversöhnung wurde).

Mit seiner Mutter besuchte Tarrants in der Kindheit und Jugend regelmäßig eine Baptistengemeinde. Nicht selten hatte er dort auch von Himmel und Hölle gehört. Natürlich wollte er in den Himmel zu Gott. Deshalb bat er im Gebet mit seinem Pastor Jesus um Vergebung seiner Schuld und wurde bald nachher in der Gemeinde getauft. Damals hielt er sich für einen guten Christen.

In Wahrheit aber lebte Tarrants nicht nach den Maßstäben Jesu, sondern nach seinen eigenen. Er tat das, was er für richtig hielt oder was ihm Spaß machte. Zehn Jahre verbrachte er ohne viel nach Gott zu fragen. Häufig war sein Denken von Angst bestimmt. Tarrants entschied sich damals, mit ganzer Kraft für „Gott und Vaterland“ zu kämpfen. Mitten in den 1960er Jahren, der Zeit Martin Luther Kings und des Kampfes der Schwarzen um die Bürgerrechte bedeutete das für Tarrants ein rücksichtsloses Engagement für ein weißes Amerika. Er schloss sich einer rechtsradikalen Gruppe an und pflegte seinen Hass auf Schwarze, Juden, Kommunisten, Sozialisten und Liberale. Damals orientierte er sich an der Ideologie der Identitätsbewegung, mit ihrer latent rassistischen und antisemitischen Ausrichtung.

Zusammen mit anderen, überwiegend jungen Rechtsradikalen entwickelte sich ein übermäßiger Stotz auf die weiße Rasse und ein immer stärkerer Hass auf die vorgeblichen Feinde Amerikas, die um jeden Preis gestoppt werden müssten, um die USA vor dem befürchteten wirtschaftlichen und kulturellen Verfall zu bewahren. In diesem Kampf schienen ihm alle Mittel recht. Mit einem Freund versuchte Tarrants das Haus eines jüdischen Geschäftsmannes in Meridian / Mississippi in die Luft zu sprengen. Der Plan war jedoch durchgesickert, sodass ein SWAT- Einsatzteam der Polizei vor Ort wartete. Während des versuchten Anschlags wurde sein Freund getötet. Tarrants selbst erlitt vier Schussverletzungen, ehe er von der Polizei festgenommen werden konnte. Die Wunden waren so schwer, dass er und auch die Ärzte damit rechneten, er würde noch während der Behandlung sterben. Wider Erwarten blieb er jedoch am Leben.

In dem nachfolgenden Prozess wurde Tarrants wegen Sachbeschädigung, versuchter Körperverletzung, versuchtem Mord, Terrorismus usw. zu 30 Jahren im Staatsgefängnis von Mississippi verurteilt, das zu dieser Zeit als eines der schlimmsten Gefängnisse Amerikas galt.

In der Haft dachte Tarrants an nichts anderes als an Flucht, um dann seinem Kampf gegen die vorgeblichen Feinde Amerikas fortsetzen zu können. Bereits nach knapp sechs Monaten konnte er zusammen mit zwei anderen Gefangenen fliehen. Zwei Tage später hatte das FBI sie gefunden. Die Flüchtigen widersetzten sich der Festnahme, weshalb einer von ihnen erschossen wurde. Tarrants überlebte wieder weitgehend unverletzt und wurde zurück ins Gefängnis gebracht, wo er bei höchster Sicherheitsstufe in Einzelhaft kam. Eine realistische Aussicht auf Flucht bestand hier nicht mehr. Doch noch immer war Tarrants stolz auf seine Tat und betrachtet sich als echten Patrioten. Die Absurdität seines Hasses und seines Mordanschlags kam ihm noch nicht zum Bewusstsein.

Um sich zu beschäftigen und die Zeit zu füllen begann Tarrants zu lesen. Zuerst studierte er die rassistischen und antisemitischen Bücher, die er bekommen konnte. Darunter waren auch intellektuell anspruchsvollere Werke, beispielsweise eine Studie neofaschistische politische Theorie und Kulturanalyse. Auch Bücher westlicher Philosophen, wie Hegel und Oswald Spengler faszinierten ihn, weil er meinte aus ihnen Theorien für die Überlegenheit der weißen Rasse ableiten zu können. Darüber entwickelte sich ein ausgeprägtes Interesse für andere Philosophen. Mit großer Neugierde widmete er sich Platon, Aristoteles und Marc Aurel. Die Überlegungen dieser Denker relativierten Tarrants rassistische Ideen. Er begann an seiner bisherigen Weltanschauung zu zweifeln und sehnte sich nach tieferer Wahrheit und einer überzeugenderen Erklärung der grundlegenden Lebensfragen. Schließlich begann Tarrants die Evangelien zu lesen.

Zeitgleich hatte eine Gruppe von Frauen für Tarrants gebetet, über dessen Verbrechen sie in der Zeitung gelesen hatten. Zwei Jahre beten sie dafür, dass der verurteilte Rechtsradikale sich bekehren würde, um dann ein Zeuge für die Größe Gottes zu werden. Leiterin dieses Gebetskreises war die Frau des verantwortlichen FBI- Agent, der ihn in Meridian festgenommen hatte. Schon kurze Zeit nachdem Tarrants begann das Neue Testament zu studieren, kam ihm ganz massiv seine Schuld zu Bewusstsein. Plötzlich wurde ihm sein verdrehtes, hasserfülltes Denken bewusst, seine menschenverachtenden Taten und seine innere Rebellion gegen Gott. Er erinnerte sich auch wieder daran, was er als Kind in der Gemeinde gehört hatte.

Eines Nachts kniete sich Tarrants ganz alleine auf den Betonboden seiner kahlen Zelle und bat Gott aus tiefstem Herzen um Vergebung. Er weinte über seine vergiftete Vergangenheit. Gleichzeitig war er erleichtert, weil er Gott sein ganzes Versagen bekannt hatte. In den nächsten Wochen wuchs sein Bedürfnis, die Bibel gründlicher kennenzulernen und mit Gott im Gebet zu sprechen. Wie durch ein Wunder wurde Tarrants dann bereits 1976, nach nur acht statt nach 30 Jahren aus dem Gefängnis entlassen. Zwei Jahre später begann er vollzeitlich in einer gemischtrassigen Gemeinde mitzuarbeiten. Ein besonderes Anliegen wurde für ihn die Versöhnung zwischen weißen und schwarzen Amerikanern. Nachdem er selbst viel dazu beigetragen hatte Hass zu säen wollte er nun, nach dem Vorbild Jesu, für Verständnis und Vergebung werben. Auch 50 Jahre später bereut Tarrants seine damalige Bekehrung im Gefängnis nicht. Ganz im Gegenteil ist er zwischenzeitlich noch überzeugter von der Liebe und Treue Gottes, die alle Sünde und jeden Hass überwinden kann.

Aufgrund seiner eigenen Lebensgeschichte ist Thomas A. Tarrants heute dieser Bibelvers besonders wichtig: „Es gibt einen Weg, der einem Menschen richtig erscheint, aber sein Ende ist der Weg zum Tod“ ( Sprüche 14,12 ).

(von Michael Kotsch)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert